Was wir wollen

Die Idee, gerade hier im Wendland den Bau von Windkraftanlagen zu initiieren, hier, an einem eher windschwachen Binnenlandstandort, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß uns hier ständig der eisige Wind der Atommafia ins Gesicht bläst. Als das Wendland 1977 zur Oase der Atomindustrie werden sollte, mit einem AKW bei Langendorf an der Elbe, einer riesigen WAA bei Dragahn, dem "Zwischen"lager bei Gorleben und dem "Erkundungs"bergwerk vis a vis, das in den Salzstock getrieben werden soll, um den jahrtausende strahlenden Müll vorerst zu verstecken, regte sich der Widerstand. Mittlerweile sind Hunderte Wenden in der BI Umweltschutz organisiert, wird der Widerstand von x-tausenden Menschen, die sich dem CASTOR-Transporten querstellen, mit einer zwanzigtausendfachen Polizeiarmee versucht zu ersticken.

Das gelingt nicht.

Nicht zuletzt deshalb, weil dieser Widerstand so vielschichtig ist, tief in alle Lebensbereiche eingreift. Und Energien, die weit über die des atomaren Wahnsinns hinausgehen, freisetzt. So auch die Sonne nicht nur mit Solarkollektoren als Warmwasser nutzbar zu machen, sondern auch in umgewandelter Form, als Wind, direkt für "saubere" Stromerzeugung zu nutzen.

Auch hier reichen die ersten Ansätze weit zurück, sind 1980 am Rande der Camps und des Hüttendorfs der "Republik Freies Wendland" erste windbetriebene Stromgeneratoren aufgebaut worden. Bauer Wiese aus Gedelitz und andere beschäftigten sich intensiv mit den Möglichkeiten, aus Wind Strom zu machen, bastelten und tüftelten, reisten nach Dänemark, dem Land, in dem ähnliche Ansätze nicht als Werk von "Spinnern" angesehen wurden, sondern Keimzelle eines heute wichtigen Wirtschaftszweigs wurden, der dem kleinen nördlichen Nachbarn der Bundesrepublik ein gehöriges Image verschaffte.

Zehn Jahre später wollte sich das Kollektiv der "Szene"-Gaststätte und Tagungshauses im Dorf Meuchefitz vom Atomstrom abnabeln, und wälzte Pläne, mit Wind und Sonne dieses Ziel zu erreichen. Je intensiver man sich mit der Thematik beschäftigte, den Standort neben der eigenen Hofanlage von Windgutachtern prüfen ließ, Herstellerangebote einholte und sich mit den baurechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigte, desto deutlicher wurde: eine kleine Anlage, nur für den "Hausgebrauch", würde sich windmäßig und ökonomisch gesehen nicht rechnen. Gerade im Binnenland, das weit weniger mit Wind gesegnet ist, als die Küstenstandorte, ist es wichtig, möglichst große und leistungsfähige Anlagen in Betracht zu ziehen.

Die "Meuchefitzer" ließen sich nicht entmutigen, und es gesellten sich andere Menschen aus dem Wendland dazu, die gemeinsam den Mut faßten, auch die "absurde" Idee, eine große, 600-KW-Anlage für damals weit über eine Million D-Mark, durchzudenken. Klar war, eine solche "große" Windmühle konnte nicht mehr allein für den Meuchefitzer Gasthof genutzt werden, mußte an einem anderen Standort aufgestellt werden, brauchte breite finanzielle Basis.

Über mehrere Jahre hinweg reifte die Idee zum umsetzbaren Projekt, es wurde eine GmbH nach "kapitalistischem" Vorbild gegründet, die mit 80 privaten Geldgebern aus der Umgebung die "Wendland-Wind Kraftanlagen GmbH & Co. KG" gründete und im Frühjahr 1996 die erste Windmühle im Wendland aufstellen konnte.

"Wendolina", so wurde sie liebevoll bei einem großen Fest mit breiter Beteiligung der näheren und weiteren Nachbarn getauft, konnte zuerst allerdings noch keinen Strom liefern.

Ihr war es versagt, in Betrieb zu gehen, weil das niedersächsiche Stromunternehmen, die HASTRA, nicht in der Lage war, termin- und vertragsgemäß die erforderliche "Übergabestation", mit jener der Windstrom ins öffentliche Netz eingespeist wird, zu liefern. So konnte "Wendolina" erst gut sechs Wochen verspätet auf dem "Jeetzeler Berg" bei Lüchow ihre Flügel durch den Wind in Bewegung setzen lassen.

Doch der Tag war dafür um so symbolträchtiger: Es war just der Tag, als der zweite CASTOR-Transport in die Lagerhalle in Gorleben hineingeprügelt worden war, an dem "Wendolina" den ersten Strom ins Netz liefern konnte. Rund 250 Durchschnittshaushalte wird sie pro Jahr mit "sauberem" Strom versorgen können.

"Unser Kreuz steht in Gorleben - unser Stern auf dem Jeetzeler Berg" so hatte es Gudrun Scharmer, eine der unerschütterlich aktiven WindmüllerInnen, zur Einweihung formuliert.

Und es drehen sich weitere Windmühlenflügel, hoffend, daß sie ein Bollwerk werden, im Kampf gegen die Atomkonzerne. Noch im selben Jahr wurden die zwei Geschwisteranlagen aufgestellt, und können seit Dezember 1996 weitere 500 Haushalte mit Windstrom versorgen. Wieder haben über 100 Menschen "ihren" Teil dazu beigetragen, um die Finanzierung zu sichern.


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